Filmreihe

„Atlas“ – der neueste Weltraumschrott

In Atlas von Regisseur Brad Peyton kämpft eine Wissenschaftlerin gegen eine Künstliche Intelligenz (KI). Auf dem Weg zum Ziel wird dem Publikum alles geboten, was zu einem Blockbuster gehört, aber geht das nicht auch besser?

Von Jonas Hey; Bild: © Netflix Inc.

Auf der Erde kämpft die KI in Menschenform, Harlan (Simu Liu), gegen die Menschheit und flieht schließlich in den Weltraum. Über zwanzig Jahre später ist die Militäranalystin Atlas Shepherd (Jennifer Lopez) auf der Suche nach ihm, um den Tod ihrer Mutter zu rächen. Durch einen Glücksfund kann sie Harlans Aufenthaltsort bestimmen, woraufhin das Militär ein Raumschiff mit 25 Kampfrobotern losschickt, um ihn gefangen zu nehmen. Atlas wird als  angebliche Expertin  mitgenommen. Doch als die Mission auf dem Zielplaneten aus dem Ruder läuft, muss sie ein Zweckbündnis mit der KI Smith in einem der Kampfroboter eingehen. Ihr gelingt es schließlich zu Harlan vorzustoßen und ihn in einer epischen Schlacht zu besiegen. 

Unsympathische Figuren

Damit ist auch schon der generische „Gut gegen Böse“-Plot des nächsten Netflix-Blockbusters zusammengefasst. Mehr soll dem Zuschauer nicht zugemutet werden. Wobei eine Zumutung schon allein die Charaktere sind: Protagonistin Atlas wechselt bipolar zwischen arrogantem und kindischem Verhalten hin und her. Selten war eine Hauptfigur so unsympathisch. Dies wird durch einen ähnlichen wankelmütigen Colonel (Sterling K. Brown), einen Bösewicht ohne Hintergrundgeschichte und die philosophische KI Smith (Greg Cohan) komplettiert. Es spricht nicht gerade für Charakterentwicklung, wenn sich das Publikum zu einer gesichtslosen Stimme am meisten hingezogen fühlt.

Ähnlich nervig sind die Dialoge und der mittlerweile standardmäßige „Exposition Dump“. Die Exposition bzw. Charaktervorstellung erfolgt nicht mehr durch das Zeigen der Figur, sondern durch Erzählung anderer Figuren. Selbst  die minimale Transferleistung, eine Figur zu sehen und von ihren Handlungen auf ihren Charakter schließen zu können, wird uns durch den Film abgenommen. Teilweise erklärt uns  die KI, was die Protagonistin fühlt. Folglich darf es im Film auch keine Szenen allein mit Atlas geben: Wer würde dem Publikum denn dann die Situation erklären?

Logiklöcher

Natürlich braucht ein Blockbuster keine für uns logische Welt, aber die Entscheidungen sollten zumindest verständlich und nachvollziehbar sein. Aus einem unerfindlichen Grund entscheidet das Militär der Erde, nur 25 Roboter gegen den „gefährlichsten Gegner der Menschheit“ ins Feld zu schicken. Es scheint beinahe so, als wüssten sie, dass der Drehbuchautor ein gutes Ende eingeplant hat. Anders lassen sich manche Fehlentscheidungen nicht erklären. Warum der Anführer der Mission Atlas überhaupt mitnimmt oder wie das Ende ausgeht, ist nicht logisch. Man muss es als Publikum einfach schlucken.

Ästhetik des Grauens

Bei Science-Fiction denken wir automatisch an ikonische, weltbekannte Filme und deren Technik: Die Sternenzerstörer aus Star-Wars, die Enterprise aus Star-Trek oder der Monolith aus 2001: Odyssee im Weltraum. Dieser Film kann da nicht mithalten. Die Raumschiffe sind klobige Metallhaufen und die Autos sehen aus wie zwei zusammengeklebte Badewannen. Zur fehlenden Ästhetik kommt noch, dass die Kampfroboter offensichtlich aus dem Videospiel Titanfall bzw. Avatar – Aufbruch nach Pandora geklaut sind. Warum auch etwas selbst erfinden, wenn man sich auch anderswo bedienen kann?

Konsum statt Kunst

Da kann man sich fragen, warum so ein Film überhaupt produziert wird, wenn an ihm nichts Originelles ist. Die Antwort ist einfach: Netflix weiß durch den Einsatz von Algorithmen sehr genau, was sein Publikum sehen will. Dieser Film spiegelt also die Erwartungshaltung des durchschnittlichen Netflix-Abonnenten wider. Es soll eine einfache Story mit einer bekannten Schauspielerin, ein austauschbarer Bösewicht, viele Explosionen und aktuell eben auch KI sein. Dieser Film will nichts Neues schaffen, sondern Kundenbedürfnisse erfüllen. 

Der Film wurde am 25. Mai 2024 bei Netflix veröffentlicht.

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