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Zur Kasse bitte

Ein Plädoyer zur Ablehnung des Semestertickets

Endlich bekommen wir die Gelegenheit, selbst über die Einführung eines Semestertickets zu entscheiden. Zur Wahl steht ein Kompromiss: Das „Zweikomponentenmodell“ besteht aus einem obligatorischen Grundbetrag (78,50 Euro) und einem optionalen Aufpreis (143,50 Euro), der zur uneingeschränkten Nutzung des MVV-Gesamtnetzes berechtigt. Das Angebot des MVV orientiert sich dabei an „Kostenneutralität“: der Verbund wird durch das Semesterticket nicht weniger Geld verdienen als bisher, diese Kosten werden nur neu verteilt. Im Klartext heißt das: Der Wenig- oder Nichtnutzer wird für den Vielnutzer mitbezahlen.

Falsche Solidarität

Von „Solidarität“ ist nun die Rede: Durch den von allen gezahlten Grundbetrag würden ungleiche Belastungen vermieden oder abgemildert. Allerdings geht es dabei nicht um einen Ausgleich zwischen Arm und Reich. Im Gegenteil wird das Semesterticket z. B. dazu führen, dass man als Mieter eines WG-Zimmers in der Innenstadt nicht nur teurer lebt als ein Kommilitone, der kostenfrei bei seinen Eltern im Umland wohnt, sondern ihm obendrein noch einen Teil seiner Fahrtkosten bezahlt. Was hat das mit Gerechtigkeit zu tun?

Auf der Website www.semesterticket-muenchen.de wird uns deshalb allein die Kostenfrage als Entscheidungskriterium nahe gelegt. Mit einem Tarifrechner kann jeder nachprüfen, ob sich das Semesterticket für ihn lohnen würde oder nicht. Wenn es für die Mehrheit der Studierenden zu einer (finanziellen) Verbesserung kommt, soll das Angebot angenommen werden. In Kauf genommen wird damit, dass sich ein Teil der Studierenden auf Kosten derjenigen bereichern kann, die vom Semesterticket außer Mehrkosten nichts haben werden.

Zwangsabgaben: nein Danke!

Es geht um die Einführung einer Zwangsabgabe. Ob man den MVV nutzen wird oder nicht, man hat in jedem Fall zu blechen. Kannte man das bisher nur von der GEZ, sollen wir in Zukunft – und nach dem Willen unserer Studierendenvertretung – nicht nur 42,- Euro Beitrag, sondern mindestens 120,50 Euro pro Semester an das Studentenwerk bezahlen – wohlgemerkt plus Studienbeiträge und im Voraus! Wer nicht zahlt, wird exmatrikuliert. Dass uns dieselben Leute, die sonst mit Feuer und Flamme gegen die Studienbeiträge zu Felde ziehen, aus einer fixen Idee heraus eine weitere Belastung als richtig und notwendig verkaufen wollen: Glaubwürdig ist das nicht!

Für die Studierenden der TU besteht immerhin die Aussicht, dass der Sockelbetrag aus Studienbeitragsmitteln reduziert wird. Das wäre sicherlich auch für die LMU zu empfehlen – die meisten Studierenden zahlen ja bereits jetzt 500 Euro je Semester, ohne recht zu wissen, was sie davon haben. Das jetzt zur Abstimmung stehende Angebot bringt uns allen unter dem Strich aber weder eine Entlastung noch mehr Gerechtigkeit, vielmehr kostet es uns nur Freiheit und Selbstverantwortung. Immerhin haben wir nun die Wahl und das Abstimmungsergebnis soll sogar verbindlich sein. Deshalb sollten wir das Angebot des MVV im eigenem Interesse deutlich ablehnen.

Martin Ingenfeld und Kay Wolfinger

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