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„Wenn ich nicht aufpasse, ende ich als Schauspieler!“

Das Junge Theater am Gärtnerplatz

Die Jugendgruppe des Staatstheaters am Gärtnerplatz bereitet gleich zwei neue Stücke vor. Philtrat durfte bei einer Probe für „Mensch, sterblich, sucht…“ dabei sein.

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In der Kantine des Gärtnerplatztheaters riecht es, wie in jeder Kantine, nach heißem Fett und Fertigsoßen, die in riesigen Töpfen aufgewärmt werden. Neben dem Geruch wird der Raum von aufgeregtem Geschnatter erfüllt. Es verrät, dass sich hier viele Mitarbeiter noch schnell auf einen Kaffee treffen, bevor sie sich ins Wochenende verabschieden.

Mir gegenüber sitzt Michael, 18 Jahre jung, Schüler des Dante-Gymnasiums in München und seit Juli festes Mitglied des jtg, dem Jungen Theater am Gärtnerplatz. Kurz zuvor kam er in eine konzentrierte Szene dreier Ensemblekolleginnen hineingeplatzt. Das Gelächter hatte er schnell auf seiner Seite, denn er ist heute gar nicht für die Einzelproben dran, für die man sich hier trifft. Ich müsse wissen, gesteht er, als wir uns von der Probebühne für das Interview in die Kantine davonschleichen, dass er vorher noch nicht viel mit Theater gemacht habe und eigentlich ein ziemlicher Anfänger sei. Ich beruhigte ihn, für das Interview sei das kein Ausschlusskriterium. Für das jtg ist es schließlich auch keines.

Was ihn dazu bringe, sich in der Jugendgruppe des Gärtnerplatztheaters zu versuchen, möchte ich von ihm wissen: „Eigentlich will ich nach dem Abi Filmregie studieren. Mir ist aber wichtig, auch als Regisseur die Schauspielerei zu beherrschen. Ich werde mich auf jeden Fall bei den Filmhochschulen in München und Babelsberg bewerben. Die Arbeit mit Holger macht aber so viel Spaß, dass ich es schon kommen sehe: Wenn ich nicht aufpasse, ende ich als Schauspieler!“

Holger ist Holger Seitz, der seit 2007 das jtg leitet und seit vielen Jahren Theaterprojekte mit Kindern und Jugendlichen betreut. Man könne fast den Eindruck gewinnen, dass es ihm Spaß mache, unterstelle ich ihm. „Ja, scheint’s so?“, schmunzelt er. „Das tut’s auch! Das ist ein ganz besonderes Arbeiten mit Jugendlichen. Das gibt’s woanders nicht.“ Was denn so besonders daran sei, möchte ich wissen. „Dass wir noch formbar sind“, tönt es von hinten. Es war Lucilla, die nun verlegen nach Bestätigung in den Blicken der anderen sucht. Die liefert prompt Holger Seitz selbst: „Ich bin aus rein politischen Gründen zum Theater gegangen. Weil man die Menschen dadurch verändern kann. Darum bin ich auch Theaterpädagoge.“

Das Stück, für das hier eifrig geprobt wird, nennt sich „Mensch, sterblich, sucht …“ und steht unter dem Motto „Glaube, Liebe, Hoffnung“. Ob sich der Zuschauer denn auf ein religiöses Tralala einstellen könne, wenn am 4. Advent Premiere sei. „Unser Programm bietet keine Antworten auf theologische Probleme oder ein festes Statement, wie man es mit der Gretchenfrage halten soll. Aber es werden Situationen gezeigt, in denen Glaubensfragen ein Thema werden. Die Auseinandersetzung damit interessiert uns. Die Fragen, nicht die Antworten.“ Während Seitz das sagt ist es still auf der Probebühne und Julia nickt ergriffen.

„An der Vorbereitung des Stücks waren die Mitglieder ganz aktiv beteiligt“, holt Seitz weiter aus. „Es wurden Gedichte und Lieder ausgewählt und jeder, der wollte, konnte seien Beitrag zur inhaltlichen Ausgestaltung leisten.“ Worum es denn letztendlich gehe, möchte ich wissen. „Das Stückt folgt keinem konkreten Handlungsstrang, anders als Snoopy etwa, das zweite Projekt des jtg. Trotzdem wird eine Botschaft vermittelt, die den roten Faden darstellt. Dazu gibt’s viel Musik.“ „Wir sind auch die einzige Jugendgruppe in München mit Theater und Gesang“, ergänzt Vanessa nachdrücklich.

Fast wie aufs Stichwort erscheint Liviu Petcu, der musikalische Leiter des Stücks, mit einer Gruppe von Mädchen und setzt sich an den schwarzen Flügel, um den sich unverzüglich die meisten der weiblichen Ensemblemitglieder versammeln. Gesangsprobe. Schnell wird klar, hier sind junge Talente am Werk, für die Tönetreffen keine Lotterie ist. Sicherlich ist die eine oder andere dabei, für die eine Gesangskariere noch eine ferne, aber realistische Option ist. Ich höre Petcus Kritik auf sehr hohem Niveau: „Ich will euch nicht zwingen. Zwingt euch selbst.“

Das Ergebnis der Proben kann man am 20. Dezember im Gärtnerplatztheater sehen. „Snoopy“ hat schon am 13. Dezember Premiere. Philtrat wird berichten.

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