Kulturphilter

The Town – Stadt ohne Gnade

Abwärts auf der schiefen Bahn

Doug McRay (Ben Affleck) ist eigentlich ein guter Kerl, der schon sein ganzes Leben in Charlestown, einem Stadtteil von Boston, lebt. Das einzige Manko: Doug ist von Berufs wegen Bankräuber im „Bank Robbery Capital of America“. Er ist der Kopf einer Viererbande, plant minutiös ihre Überfälle und hilft natürlich auch bei der Durchführung. Bisher ist ihnen die Polizei noch nicht auf die Spur gekommen, aber das könnte sich bald ändern. Sein bester Freund, der gewalttätige Jem Coughlin (Jeremy Renner) beschließt, bei ihrer neuesten Missetat zur Sicherheit eine Geisel zu nehmen, nämlich die junge Bankmanagerin Claire Keesey (Rebecca Hall), und wie sich später herausstellt, wohnt sie quasi um die Ecke.

Doug macht sich daran herauszufinden, wie viel ihr nichtsahnendes Opfer wirklich weiß und beginnt sich in sie zu verlieben. Mit einem Mal sieht er eine Zukunft für sich, die außerhalb der Unterschicht von Charlestown liegen könnte. Nur dass ihn seine Vergangenheit nicht loslässt. Ein ums andere Mal sieht er sich gezwungen, neue Überfälle zu begehen. Und mit jedem einzelnen rückt ihm und seinen Freunden ein wild entschlossener FBI Agent, Adam Frawley (Jon Hamm), ein Stück näher.

Milieustudie versus Actionthriller

Man kann The Town eigentlich nur loben: Ben Affleck, der nicht nur die Hauptrolle spielt, sondern auch am Drehbuch mitgeschrieben hat, überzeugt vor allem auch als Regisseur dieses Crime Thrillers. Ihm ist es gelungen, mit diesem durchweg spannenden und actionreichen Thriller gleichzeitig eine einfühlsame Milieustudie zu schaffen, welche die ausweglose Situation des Hauptcharakters schildert, der seinem verbrecherischen Vater nacheifert und hin und hergerissen ist zwischen seinem Alltag des Verbrechens und seinem moralischen Kompass.

So überzeugend die Schauspieler und der straffe Plot aber auch sein mögen, zieht The Town – wie die meisten Filme dieses Genres – die Sympathien auf den Stereotyp des Verbrechers, der eigentlich ein guter Kerl ist und den nur die Umstände zu dem gemacht haben, was er ist. Wo dieser Film sich jedoch von der breiten Masse der Gewaltverherrlichung und des Robin-Hood-tums unterscheidet, ist die Erkenntnis, dass man zu einem hohen Grad auch immer selbst der Kapitän des eigenen Schicksals ist. Unabhängig davon wie „gut“ oder „schlecht“ man ist oder wer einen dazu gemacht hat, Schuld kann man immer nur selbst auf sich laden.

Abgesehen davon, wundert man sich, falls man persönlich schon einmal in Charlestown war und sich etwa die Gegend um Bunker Hill angesehen hat, wie so ein friedlicher Stadtteil, der beinahe wie eine europäische Altstadt wirkt, das „Bank Robbery Capital“ der USA sein kann. Diese Zweifel sind durchaus berechtigt, denn laut FBI machen die gesamten Raubüberfälle des Großraums Bostons gerade einmal drei Prozent der Statistik aus. Charlestown selbst hat daran nur einen verschwindend geringen Anteil. Einige Kritiker werfen dem Film zudem vor, sein Plot sei beinahe identisch mit dem von Michael Manns Heat.

Diese Kritikpunkte sind aber eigentlich nichts weiter als Funny Facts, die im Schatten der Leistung Ben Afflecks verschwinden. The Town ist für jeden Geschmack etwas, mit kurzen komischen Momenten des Alltags, Aspekten einer ruhigen Milieustudie und actionreichen Verfolgungsjagden und Schusswechseln. Fazit: Mehr als sehenswert.

Ab dem 23. September fliegen in Boston und in den deutschen Kinosälen die Kugeln.

(Bild: Warner Brothers, Legendary Pictures, GK Films)

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