Kulturphilter

The Road

Good Guys carry the Fire

Ein Vater und ein Sohn auf der Reise ins Nichts. Die Welt ist mit Asche überzogen, die Menschheit nahezu ausgelöscht, Fauna und Flora tot. Auf den Highways wandern heimatlose Menschen auf der Suche nach Nahrung und Unterkunft. Umherziehende Banden machen ihnen das Leben schwer, die meisten Überlebenden der Apokalypse sind im Angesicht der Zerstörung und der Ausweglosigkeit ihrer Situation zu kannibalischen Monstern geworden.

Und inmitten all des Chaos und Verfalls marschieren ein Vater (Viggo Mortensen) und sein Sohn (Kodi Smit-McPhee) unermüdlich über die verödeten Straßen der Vereinigten Staaten. In ihrem Überlebenskampf gibt es dabei wenige Lichtblicke: Der Alltag ist gezeichnet von Tod und Gewalt, Hunger und Krankheit – den vier Reitern der Apokalypse quasi. Dennoch versucht der Vater, in einer Welt ohne Hoffnung die Flamme des Lebens weiterzutragen und seinen Sohn zu beschützen.

Der Film ist deprimierend und düster, aber er handelt von allem, was im Leben wichtig ist. Ein Muss. Es sei jedoch an dieser Stelle gewarnt: Den Film gibt es nur in einer Fassung – der für Beherzte.

Cormac McCarthys düstere Endzeit-Vision

The Road basiert auf dem gleichnamigen Roman von Cormac McCarthy (bekannt geworden vor allem durch No Country for Old Men). Das Buch ist in letzter Zeit in der Amerikanischen Literaturgeschichte immer wieder untersucht und diskutiert worden. Im Mittelpunkt steht dabei vor allem der allmähliche Bedeutungsverlust von Sprache. Sprichwörter und Redewendungen des Vaters verlieren für die neue Generation zunehmend an Bedeutung, die Beziehung zwischen realem Ding und sprachlicher Repräsentation schwindet mit dem Verlust der Welt. Außerdem strotzt The Road geradezu vor religiösen Anspielungen und Statements zu den Problematiken des Kapitalismus, der sich etwa in der berühmten Szene widerspiegelt, in welcher der Vater dem Sohn die letzte Cola-Dose der Welt vorsetzt. Überhaupt will diese düstere Endzeitvision McCarthys den Menschen vor Augen führen, worauf es in unserer Gesellschaft wirklich ankommen sollte. Die Szenen, in denen Kapitalismus und Selbstmord behandelt werden veranschaulichen auf drastische Art und Weise, was den Menschen zu einem „good guy“ macht. Liebe ist ein ganz großes Thema: Die Liebe zur verstorbenen Frau, die Liebe zwischen Vater und Sohn, aber auch die Liebe zum Nächsten. „Carrying the fire“ wird zur großen Metapher von The Road, die jeder für sich interpretieren muss.

In der filmischen Umsetzung durch John Hillcoat wird diese positive Lesart des Romans nur noch bestätigt. Der Regisseur selbst sagte auf dem diesjährigen Münchner Filmfest, dass The Road für ihn die Geschichte von der Liebe eines Vaters zu seinem Sohn ist und er ebendiese Beziehung umsetzen wollte. Das ist ihm auch auf eine ergreifende und zugleich beunruhigende Art und Weise gelungen. The Road ist intensiv und hart. Der Film und das Buch führen einem vor Augen, was aus unserer Zivilisation werden könnte, sollte die Welt einmal aus den Fugen geraten. McCarthys Vision der Postapokalypse zwingt den Leser beziehungsweise den Zuschauer dazu, sich emotional mit der Tatsache auseinanderzusetzen, dass zwischen Gut und Böse, Leben und Tod, meist nur einige wenige Prinzipien stehen. Um als Mensch in der Postapokalypse zu überleben, muss man dem obersten Prinzip treu bleiben und das Feuer im Herzen tragen. Was dieses oberste Prinzip ist, bleibt ein Geheimnis. Aber wer ein Herz hat, dürfte es erkennen.

Ab dem 7. Oktober kann man endlich auch in den deutschen Kinosälen die düstere Reise von Vater und Sohn durch das postapokalyptische Amerika miterleben.

(Bild: Dimension Films und 2929 Productions)

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