Kulturphilter

Alle garstig!

Ein neues Gesicht in der Comedy: Olivier Sanrey, der „lustigste Belgier seit Jean-Claude Van Damme“

Seit Januar 2012 in München auf offenen Bühnen mit seinen Sketchen unterwegs, hatte Olivier, der Belgier mit dem sympathischen französischen Akzent und dem verschmitzten Schlitzohr-Lächeln am Sonntag den 9. Dezember Premiere mit seinem ersten Solo-Programm „Alle garstig!“ im Hempels in Augsburg.

 

Olivier Sanrey, „der lustigste Belgier seit Jean-Claude Van Damme.“ (Foto: © Fabian Bross)

„Wenn im Zug das Internet nicht geht, ruft der Deutsche: ‚Das kann doch nicht sein im 21. Jahrhundert!’“, Olivier pausiert und setzt ruhiger nach, „aber der Ausländer sagt bloß: ‚Schau mal, der Zug ist sogar schneller als das Internet!“ Reisen in allen Varianten sind ein zentraler Punkt im Programm des gebürtigen Belgiers. Von Belgien nach Holland, von Berlin nach München und schließlich bis ins antike Rom und mit Hannibal über die Alpen. Geschickt führt er das Publikum dabei mit sich durch die Welt seiner Sketche. In denen kriegen selbst die deutschen Fitness-Studios ihr Fett weg. Aber nicht nur deutscher Pseudo-Sportfanatismus wird hier durch den Kakao gezogen – Zoobesuche und Elternratgeber stehen ebenfalls auf dem Programm. „’Mein Kind lügt, was tun?‘ Mein Tipp: Glauben sie ihm nicht!“ Natürlich darf bei all dem die entscheidende Prise Sprachwitz nicht fehlen. Allein der französische Akzent wird immer wieder zum Thema.

Seit sieben Jahren lebt Olivier Sanrey in München, wo er sein Talent für das Humoristische weiter ausgebaut hat. Mittlerweile wurde er dafür sogar ausgezeichnet. Seit dem 2. Dezember ist er Preisträger des Kabarett Kaktus 2012. In der Jury-Begründung hieß es zu Olivier Sanreys zweitem Platz trefflich, er sei „eine Entdeckung auf der Kabarettbühne, eine unverwechselbar komische, neue Stimme“. Auch die Süddeutsche Zeitung war voll des Lobes ob seines Auftritts: „Mit seinen sprachgewandten, gut getimten und sehr lustigen Vergleichen zum Beispiel der verschiedenen Nikolausbräuche oder der deutschen mit der belgischen Eisenbahn steht er für eine wachsende Brett-Internationalisierung und die Neugier auf europäische Themen.“ Viel wichtiger noch: Dem Publikum gefällt es.

Auch bei Ludwig und Kunst in München ist Olivier Sanrey schon aufgetreten. (Foto: © Fabian Bross)

Der Kabarett-Keller von Hempels, dessen Eingang etwas versteckt mitten in der Bar Annapam liegt, ist voll besetzt und nach jedem Sketch hallen die Lacher von den Wänden. Nach ausgiebigem Applaus folgt noch eine Zugabe, die das Publikum mit einbezieht. „Das war jetzt nur Monolog, aber ich will ja mit euch reden,“ sagt Olivier schmunzelnd und fragt die Zuschauer über ihre Kenntnisse zu Belgien aus. Es wird schnell klar: Wir wissen viel zu wenig über unsere Nachbarn. Zwar kommt der Raum kollektiv immerhin auf Pralinen, Pommes, Manneken Pis, Atomium, Bier und das – zugegebenermaßen für das deutsche Verständnis – skurrile Konzept beleuchteter Autobahnen, aber das war es dann bereits mit dem Wissen über unseren kleinen Nachbarn. Aber über die dabei aufkommende Scham hat Olivier bereits zu Beginn der Show in weiser Voraussicht hinweggeholfen. „Belgien ist wie die Bauchspeicheldrüse. Man weiß nicht so genau wo sie ist,“ sagt er und reibt sich suchend über den Torso. „und was passieren würde wenn es kein mehr gäbe.“ In Zeiten zunehmender Spannungen in der belgischen Politik nimmt das Programm damit – wie auch in der letzten Zugabe, einer turbulenten, dreisprachigen Single-Gruppenperformance der Brabançonne – dezent Bezug auf das möglicherweise eines Tages drohende Auseinanderbrechen Belgiens und die innenpolitischen Konflikte. Damit schafft Olivier Sanrey das, was gute Comedy zum gelungenen Kabarett macht: Subtile Kritik über die man lacht, damit man nicht weinen muss. Ein großartiges Programm und als Künstler eine Auszeichnung für Belgien.

 

Olivier Sanrey wird, nach einem Auftritt am Mittwoch den 12.12. bei ars-musica im Stemmerhof, als nächstes am Freitag den 14.12. bei Ludwig und Kunst zu sehen sein. Außerdem tritt er am 26. Februar 2013 in der Münchner Drehleier auf sowie am 15. April in der Lach- und Schiessgesellschaft. Mehr Infos und Videos zu seinen Auftritten findet ihr auf seiner Webseite.

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