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Lieber stinken als Schokodeo!

Wie Werbestrategen mit Geschmacklosigkeiten punkten wollen

Da läuft er durch den Großstadtdschungel. Ganz in braun, dunkelbraun, ein wenig wie aus Plastik, ganz Schokoladenmann. Das hat nichts mit Supermann zu tun, nein, der Schokomann ist eine Werbefigur für einen Duft, bei dem man nach Deoanwendung dementsprechend muffelt.

Verfolgt wird der Arme von den hübschesten, leichtbekleidetsten, teils postkoital-nassen Frauen, die alle nur ihn wollen – weil er so pur Schoki ist. Praktisch äquivalent mit Sex. Sogar den Schokoarm reißen ihm die enthemmten Weibchen ab, die sich nicht zurückhalten können. Ihn unterwegs auch im Bus in den Hintern beißen. Unwiderstehlich wie Schokolade – auch die Werbepostkarten zeigen Damen, denen dunkle Soße über die feucht-feuerroten Lippen trieft, lasziv dreinstarrende Damen, die noch laszivere Sprüche von sich geben. „In einem schwachen Moment würd´ ich´s mit jedem tun”. Hauptsache, er riecht nach Schokodeo. Aha. Zu allem Überschokifluss auch noch ein Spiel auf der Homepage des Deoherstellers, namentlich Axe. Das Deo – ebenfalls namentlich – Axe Dark Temptation. Im Spiel ist der User Schokoladenmann, der sich soweit möglich den massiven Anmachversuchen der oft äußerst dünn bekleideten Frauen entziehen muss. Wir wissen, dass das schwer fällt, sagt Axe in der Anleitung. Aber denk dran – zum Schluss gehören alle Frauen dir! Kein Hirn mehr bei den XX-Chromosom-Geschädigten also? Der pure Drang nach Schokolade, kombiniert mit Deo, das ist’s, was Frauen magisch anzieht, lässt alles an Hemmung und IQ fallen. Logisch. Da haben die Vermarkter doch mal entdeckt, dass Frauen Schokolade nicht widerstehen können – auch nicht als Deo. Nicht das erste Beispiel für stereotype, sexistische Werbung – aber sicher eines der dümmsten.

Der Schokomann lacht. Noch. Denn sein süßes Leben scheint in Gefahr, nicht nur wegen geschmackloser Werbung. Die Kakaopreise wachsen genauso schnell ins Bodenlose, wie die abgekaute Stellen der Werbefigur im Spot wieder nachglasiert werden. Vor allem die javanische Kakaomotte ist der momentane Feind, der Naschlingen und künftig auch Deobenutzern das Leben teuerer macht. Diese Motten, genauer: die Mottenweibchen, also die Frauenmotten, die sind schuld am Kakaoengpass. Die mögen Schokolade nämlich gar nicht. Sie legen ihre Eier auf die Kakaofrüchte. Wenn die Mottenbabies dann schlüpfen, bohren die sich bis ins Innerste der Kakaofrucht – und weg ist sie. Schade, dass das noch niemand mit dem Schokoladenmann gemacht hat, ihn einfach mal komplett verputzt.

Mag es Beispiele geben, in denen Klischees zum Werbeerfolg wurden – die derzeit unappetitlichste Werbefigur gehört sicher nicht dazu. Genauso wenig wie das weibliche Geschlecht auf den Versuch des Computerherstellers Dell, eine eigene Frauenvermarktungsseite einzurichten, reingefallen ist. „Della” war nicht rosa, hat aber trotzdem nicht funktioniert. Natürlich, denn wenn eigentlich ein Laptop verkauft werden soll, warum dann auch Kochrezepte daneben platzieren? Weil frau soviel Angst vor technischen Termini hat, dass Arbeitsspeicher, Mikro-Chip und RAM erstmal hinter Käse-Souffle zurück treten müssen? Tja, die Homepage gab’s nicht lange. Auf so billige Klischees ist die werte Laptopkäuferin nicht eingestiegen. Liebe Marketinger: Vielleicht ist die Zeit der Geschlechterklischees langsam vorbei. Aber bis die Werbestrategen das verstehen, warten wir auf die nächste Stereotypisierung, die überbordet und hoffentlich floppt – Latte Macchiato-Klopapier?


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