Ungeachtet unserer konter-(r)evolutionären Sprachspiele aus dem ersten Teil ist die Sprach- und Gender-Evolution – zufällig und nicht zielgerichtet – weiter in vollem Gang: Durch die Finanzspritzen des Staates gedopt wird an staatlichen Laufbändern, Hebestangen und Sprossenwänden reichlich Geschlechtersensibilität trainiert, der öffentliche Körper aufgepumpt, die Kompetenz verteilt und Sprachpflege betrieben (man sagt nun auch ideologie- und repressionsfrei: ECTS-Punkte, Humankapital, Gender and Diversity, Gendertraining, Undoing gender!, Persönlichkeitsschulung, Schlüsselqualifikation und Kompetenzkompetenz), bis in die letzte Sprachkörperfaser wird die Gender-Grammatik eingeübt (sicher wird bald auch der neue Duden nach den aktuellen amtlichen deutschen gender-Regeln erscheinen: der Dudix), wir wollen jetzt gender-neutrale Vornamen tragen und uns das Haar wieder zu den Ohren rauswachsen lassen, bis niemand mehr sieht, dass wir Mann und Frau sind (halt nein, das aber dann doch nicht), wir wollen gender-Zertifikate erwerben, um unseren zukünftigen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern (man muss stets seine Zukunft im Auge behalten) unsere Gender-Kompetenz nachweisen zu können, und hören wir unseren Arbeitgebenden nicht schon sagen: Mein lieber Herr Bachelarius: Sie sind ein super Typ!
Wird nicht auch der größte Schweinehund, angelockt von dieser köstlichen Speise, von seinem Schindluder ablassen und angelaufen kommen, um durch gender-sensitive Meditationsübungen ein weißer Pudel oder ein blökendes Schaf zu werden; wird sich seine schlechte Natur nicht völlig umkehren? Ja müssten wir, recht bedacht, nicht eigentlich auch die vielen Dicken und Fettleibigen schützen, die beim Vorstellungsgespräch halb über ihren eng geschnallten Gürtel quellen? Und was ist mit den Dummen und den Nichtsnutzen, den Krummen und buckligen Quasimodos, den Stinkewurzeln und Stinkemolchen, Glubschaugenlurchen, Gelbbauchunken in ihren hypertrophierten Teichen und grünschimmligen Gülle-Tümpeln und denen, vor deren Hässlichkeit man sich abends hinter Sträuchern versteckt, wenn man ihnen über den Weg läuft? Und gehört nicht eigentlich auch der Thunfisch, der als gesellschaftliche Minderheit in Kinderfilmen völlig unterrepräsentiert ist und dort allenfalls Nebenrollen spielt, aus seiner gesellschaftlichen Benachteiligung mit einem großen Schleppnetz herausbefördert und als erster deutscher Thunfisch mit dem Deutschen Schauspielpreis ausgezeichnet?
Jaja, Sie haben recht, ich habe mir vergangene Woche den Kopf an einem Quer-Balken gestoßen, *gaga, gugu*, und sollte mich meines Verstandes ohne ärztliche Anleitung nicht selbstständig bedienen, und mich stattdessen an der Semiotik bebrillter Akademikerinnen erfreuen und kurieren, wie meine angeschlagene Einbildung sie nun in der Rubrik LMU-Plus Genderzertifikat, stolz ihre Urkunde vorzeigend, auf den grünen LMU-Balken projiziert. Am Ende ist das alles gar nicht so wild:
Die Gleichstellung der Frau ist ein interessloses Herzbestreben der Politik und ist mit Zertifikaten allein („der schöne Schein“, wie es schon bei Schiller heißt) nicht aufzuwiegen, andere Benachteiligte werden in Zukunft ganz genauso umkämpft und unter den geschlechtsneutral deodorierten Fittich des Staates genommen, das Zertifikat ist kein Ablassbrief und das Aristotelische Pendel wird nach einer Weile, da es ins Gegenteil ausgeschlagen, seine Mitte schon finden, und du selbst, bevor der Strick der inkorrekten Meinung sich um deinen Schweinehundnacken legt, wirst dank Gendertraining am Ende doch noch ein guter Mensch, ein guter Mensch, und lässt das schreckliche Gewicht, ein Mann sein zu müssen, weit von dir fallen, das ist jetzt vorbei, und erwirbst dir durch das Besuchen von vier Genderseminaren und das Verfassen eines Critical Essay, warum du nicht böse sein darfst,eine anständige Lebensgrundlage.
Dann klappt es sicher auch mit den Frauen wieder besser.