Kaffeesatz

Zwischen Matcha und Sinnsuche

Kaffee verbindet. Kaffee trinken kann die Grundlage und Gelegenheit für so vieles sein. Man trifft sich zum Kaffee trinken mit (noch) fernen Bekannten, mit den engsten Freund:innen, zum ersten Date oder um sich zu trennen. Man kommt ins Gespräch miteinander, lacht, weint, philosophiert und teilt Persönliches. Diese Kolumne will einige der Geschichten, die beim Kaffee erzählt werden, teilen und damit das Gefühl des „Kaffeetrinkens“ einfangen.

Text und Bild von Sophie Lendrich

Ich treffe mich mit einer Freundin, die ich viel zu lange nicht mehr gesehen habe, und freue mich darauf, endlich wieder etwas mit ihr zu unternehmen. Wir haben uns vor dem Springbrunnen an der Uni zum Spazierengehen verabredet. Schließlich muss man das schöne Spätsommerwetter in München genießen, solange es geht. 

Wir umarmen uns zur Begrüßung und wollen los. Aber ohne etwas zu trinken in der Hand fühlt es sich irgendwie falsch an. Also gehen wir in eine Seitenstraße und holen uns einen Iced Strawberry Matcha (local und nicht bei LAP!), so wie es alle Münchner*innen mittlerweile tun – Kaffee ist ja sowas von 2024. 

Endlich ohne dieses komische Gefühl, dass etwas in der Hand fehlt, laufen wir über den Geschwister-Scholl-Platz und überqueren die viel befahrene Straße zum gegenüberliegenden Professor-Huber-Platz. Zuerst beginnen wir damit, uns gegenseitig zu erzählen, was wir voneinander verpasst haben. „Wie läuft die Arbeit?“, „Uni passt auch?“ – oder aber die existenzielle Frage, was wir eigentlich mit unserer Zukunft anfangen sollen, jetzt wo wir fast Mitte 20 sind und das Leben nicht auf einen wartet. Das Übliche also. 

Wir merken gar nicht, wo wir lang gehen, sondern bewegen uns im Rhythmus unserer Stimmen und folgen einfach den Menschenmassen in den Englischen Garten. Schließlich beenden wir unseren Fußmarsch auf einer Bank. Bei diesem Kaiserwetter kann man allerdings von Glück reden, dass wir überhaupt einen Sitzplatz ergattert haben. Nachdem es sich fürs Erste ausgesprochen hat, genießen wir die Stille und die letzten Sonnenstrahlen des Jahres auf unserer Haut. Dabei betrachten wir die volle Wiese vorm Monopteros. Zwei Volleyball-Netze sind aufgestellt und eine Gruppe von Freund*innen spielt miteinander. Relativ schlecht, wie wir schnell merken, uns dabei anschauen und schmunzeln müssen. Aber uns fällt auch auf, dass sie unfassbar viel Spaß dabei haben, und wer sind wir schon zu urteilen, während meine Freundin und ich hier langweilig auf einer Bank sitzen und andere Leute beobachten.

„Spielst du selbst auch Volleyball?“, will meine Freundin wissen, während wir das Spiel weiter verfolgen. Oft frage ich mich selbst, welche Hobbies ich überhaupt habe und denke daran, wie sehr ich es hasse, wenn mir diese Frage gestellt wird. „Was machst du gerne in deiner Freizeit?“ Nichts, denke ich mir dann, spreche es aber natürlich nie aus. Ich sage dann so etwas wie: „Lesen, Laufen, mit Freunden treffen.“. Stimmt ja auch, nur leidenschaftlich und die ganze Zeit mache ich das auch nicht. Ich habe nicht diese Passion, die ich bei Menschen in meinem Umfeld oder im Internet sehe und beneide. Ich erzähle meiner Freundin, dass ich früher Ballett getanzt habe, seufze bei der Erkenntnis, dass ich hätte weitermachen sollen, und frage mich, wieso ich überhaupt erst damit aufgehört habe. Dann hätte ich wenigstens etwas zu sagen, wenn wieder die Frage aufkommt, was ich für Hobbies besitze. Stattdessen sitzen wir jetzt hier und saugen an unseren Strohhalmen, obwohl der Matcha sowieso schon längst leer ist. 

Ich erinnere mich daran, wie ich früher gerne Collagen gebastelt habe und stundenlang damit beschäftigt war, das passende Stück Zeitschrift dafür zu finden, oder Geschichten geschrieben habe mit dem Gedanken, dass ich einmal ein Buch rausbringen werde.

Die Begeisterung, etwas zu tun, egal wie gut oder schlecht man ist, habe ich verloren. Und genau das wollte ich zurückgewinnen.

„Ich glaube, ich fange an zu schreiben, also für ein Studierendenmagazin.“, spreche ich aus. Den Gedanken hatte ich nämlich schon oft, aber habe ihn, wie so vieles in letzter Zeit, einfach verworfen.

Und jetzt sitze ich hier – ein paar Wochen später – und schreibe. Vielleicht habe ich meine innere Flamme ja doch nicht ganz verloren und erinnere mich beim Verfassen dieses Textes an diesen einen Matcha-Nachmittag mit meiner lieben Freundin. 

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