Unileben

WG-Geschichten aus München: Zwei Generationen unter einem Dach

Darius (24) wohnt mit seinem Mitbewohner Martin (82) in einer gemeinsamen WG mitten in Schwabing. Beim Besuch in seiner Mehrgenerationen-WG erzählt er über das Zusammenleben, den intergenerationalen Austausch und sein Start-up inGemeinschaft

Von Benedikte Eiden; Bild: © inGemeinschaft 

Mit Anfang zwanzig ist Darius für sein Studium im Internationalen Management von Wittenberg nach München gezogen und hat bei eBay-Kleinanzeigen nach einem WG-Zimmer gesucht. Über eine Anzeige hat er dort seinen jetzigen Mitbewohner Martin kennengelernt und schnell stand fest, dass Darius in Martins Wohnung einziehen wird. Seit über drei Jahren wohnen die beiden nun zusammen in einer Mehrgenerationen-WG mitten in Schwabing.

Zwischen Spülmaschine und Weihnachtsfeier 

Eine Mehrgenerationen-WG ist ein Wohnkonzept, in dem Personen verschiedener Altersgruppen gemeinschaftlich zusammenwohnen. In vielen Punkten gestaltet sich das Zusammenleben zwischen Darius und Martin wie in einer ganz durchschnittlichen Studierenden-WG. Prinzipiell lebt jeder schon sein eigenes Leben, aber es gibt viele Berührungspunkte im Alltag, erzählt Darius. Ob ein morgendlicher Plausch beim Kaffee oder gelegentliche gemeinsame Kochabende, das Miteinander gestalte sich sehr ungezwungen, berichtet er mir.

Statt abendlichen Bierpong-Turnieren, werden Sommerfeste und die jährliche Weihnachtsfeier mit der ganzen Hausgemeinschaft organisiert. Vieles in unserem Zusammenleben ergibt sich ganz natürlich, sagt Darius. Nur beim Thema Spülmaschinen-Management scheint es doch ein bisschen Planung zu benötigen: Martin räumt ein und ich räume aus. Das ist eigentlich die einzige richtige Regel, die wir haben. Wie in jeder WG gibt es aber natürlich auch in einer Mehrgenerationen-WG Herausforderungen und Konfliktthemen. Laut Darius bietet insbesondere das Thema Gewohnheiten Potenzial für Konflikte: Wenn man als Senior seit 40 Jahren in der gleichen Wohnung wohnt, dann hat man seine Gewohnheiten, erzählt er. Laut ihm kann es hier zu Spannungen kommen, wenn der/die neue Mitbewohner*in diese nicht teilt und die Lieblingstasse plötzlich nicht mehr an der gewohnten Stelle steht. Hier hilft vor allem, über alle Themen ganz offen zu kommunizieren.

Wohnungssuche trifft auf freien Wohnraum

Aus seiner eigenen Erfahrung in einer Mehrgenerationen-WG heraus gründete Darius zusammen mit Partner Phillip im Sommer 2024 das Start-up inGemeinschaft. Ich war schon länger in der Start-up-Szene aktiv, wollte aber irgendwann etwas mit einem höheren gesellschaftlichen Impact machen, erzählt er. Durch die Vermittlung für Mehrgenerationen-WGs soll Leerstand im Wohnungsraum reduziert werden, bezahlbarer Wohnraum für junge Leute geschaffen werden und der Austausch zwischen den Generationen gefördert werden. inGemeinschaft agiert dabei als eine Plattform, um Senior*innen mit freiem Wohnraum und junge Menschen auf Wohnungssuche zu matchen.

Das Unternehmen nimmt eine Mediatorfunktion ein und unterstützt beide Seiten in allen Schritten der Vermittlung, von der ersten Besichtigung der Wohnung über das Kennenlernen bis hin zum Abschluss des Mietvertrages und möglichen Anliegen während des Zusammenlebens. Finanziert wird die Vermittlung über eine Provision, welche Mieter*innen ab Mietbeginn als Anteil der monatlichen Miete zahlen. Laut Darius sei das Interesse vor allem seitens der Studierenden sehr groß, weshalb die größte Herausforderung aktuell darin bestehe, mehr Senior*innen für das Konzept zu begeistern. Das Ziel ist es, insbesondere die Hürden für Senior*innen so gering wie möglich zu halten, sowohl finanziell als auch praktisch, sagt Darius. Das Konzept sei für alle offen, wenn auch die Nachfrage verschieden ist. Wir haben den Fokus aktuell auf Studierende und Senior*innen, da Senior*innen eher den leerstehenden Wohnraum und Studierende einen großen Bedarf an bezahlbarem Wohnraum haben.” 

Und wie wohnst du so?

Wie jedes Jahr suchen auch dieses Wintersemester wieder tausende Studierende bezahlbaren und langfristigen Wohnraum. Die Förderung von intergenerationalen Wohngemeinschaften zwischen Senior*innen und Studierenden ist dabei eine Möglichkeit, um Leerstand zu reduzieren und somit ein Stück dazu beizutragen, mehr bezahlbaren Wohnraum für Studierende zu schaffen.

Für Darius stellt das Zusammenleben in einer Mehrgenerationen-WG vor allem auch eine große persönliche Bereicherung dar sowie die Chance, aus der eigenen Generationen-Bubble herauszukommen. Man lernt die andere Generation deutlich besser kennen”, erzählt er. Statt jung-über-alt und alt-über-jung wird nun miteinander gesprochen. Wenn man mit einer Person mit 60 Jahren Altersunterschied zusammen wohnt, dann bekommt man nochmal ganz andere Eindrücke in die andere Generation, sagt Darius. Auch der Austausch über die eigenen Interessen und Themen ist für ihn sehr wertvoll. So erzählt Darius von technischen Innovationen und Künstlicher Intelligenz, Martin von seinem Interesse für Kunst und Grafikdesign. Durch das Zusammenleben mit Martin beschäftige ich mich mehr mit Themen, zu denen ich sonst vermutlich einen schwierigeren Bezug hätte und darüber bin ich sehr froh.

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