Schon wieder ein stereotyper Kriegsfilm? Nicht ganz, denn „Warfare“ gelingt es, einen Kampfeinsatz aus nächster Nähe zu begleiten.
Von Jonas Hey; Bild: © Leonine Studios
Eine Gruppe amerikanischer Soldaten pirscht sich nachts durch eine irakische Stadt und besetzt ein Wohnhaus. Was wie der Auftakt zu einem monumentalen Kriegsfilm wirkt, ist der Beginn eines nervenzerreißenden Thrillers. Denn zunächst einmal passiert gar nichts. Die Soldaten werden unruhig, spähen auf die Straße und beobachten ein anderes Gebäude. Doch lange kann es natürlich nicht gut gehen.
Nach wahren Erinnerungen
Der Film basiert auf einem wahren Kampfeinsatz und wurde von Regisseur und Drehbuchautor Ray Mendoza konzipiert. Als junger Mann war er selbst als Soldat im Irakkrieg und hat diese Episode erlebt, wie er sie nun verfilmt. Dabei arbeitet er mit dem erfahrenen Regisseur Alex Garland zusammen, der letztes Jahr beim Kriegsfilm „Civil War“ Regie führte. Dort unterstützte ihn Mendoza als militärischer Berater und so entstand wohl auch die Idee für „Warfare“. Um einen realistischen Eindruck zu erwecken, mussten die Schauspieler ein dreiwöchiges militärisches Training durchlaufen, der Film wurde aber in einem englischen Landhaus gedreht.
Langeweile und Spannung
Die Besetzung des Wohnhauses durch die Soldaten läuft in vollkommener Stille ab. Die ansässigen Iraker werden in einem Zimmer isoliert und man erklärt ihnen, dass alles gut wird. Doch danach fällt die Spannung ab, während die Soldaten um Leutnant Erik (Will Poulter) auf weitere Anweisungen warten. Der Funker Ray (D’Pharaoh Woon-A-Tai, jugendliche Version des Regisseurs Ray Mendoza) gibt die Lage durch, während sich andere langweilen. Bis hierhin gibt es noch keine musikalische Untermalung. Neben den Geräuschen der Soldaten hört man nur das Gurren der Tauben und vorbeifahrende Autos.

Der Film kommt nicht nur ohne Musik aus, er scheint auch in Echtzeit abzulaufen. Das heißt, es gibt keine großen Zeitsprünge. Das sorgt noch für zusätzliche Anspannung, schließlich sitzt man als Zuschauer in einem Film namens „Warfare“. Plötzlich leeren sich die Straßen und die Soldaten werden nervös. Es kommt zu einem Angriff auf das Haus und einer von ihnen wird verletzt. Ein Schützenpanzer soll den Verletzten abholen, doch beim Weg hinaus werden die Soldaten von einer Rakete getroffen.
Alptraum des Krieges
Nun beginnt der Alptraum für die Soldaten und den Zuschauer. Zunächst hört sich alles dumpf wie in Watte gepackt an, bis die Schreie der Verwundeten geradezu explodieren. Hier wird die Soundkulisse überwältigend. Laute Schreie mischen sich mit dem Pfeifen eines Tinnitus und dem Plärren der Funkgeräte. Einige Soldaten scheinen traumatisiert und können sich kaum bewegen, andere schießen wie wild auf vorbeilaufende Schatten.

In diesen Momenten ist der Film besonders stark. Der Zuschauer wird Teil der Szene und erlebt den Krieg als einer der Soldaten. Im Gegensatz dazu sind die Protagonisten bei „Civil War“ als Journalisten nur Beobachter und der Zuschauer übernimmt deren Rolle. Nun ist man aber an der Seite der Soldaten mitten im Geschehen. Hier fragt man sich auch, wie der Film bei offenen Wunden und Geballer noch ein FSK 16 bekommen hat. Doch nicht das Blut, sondern der Schrecken auf den Gesichtern der Schauspieler prägt sich ein.
Glorifizierung?
Dennoch muss man sich bei dem Film fragen, ob er den Krieg nicht einseitig darstellt. Denn die Perspektive ist stets die der Amerikaner. Im Wohnhaus ist ja noch eine irakische Familie gefangen, die wohl um ihr Leben fürchtet. Weil der Film auf den Erinnerungen von Mendoza basiert, gelingt es letzterem nicht, weitere Perspektiven einzubinden. Ob realistisch oder nicht, aber beim ersten Ausrücken werden die beiden irakischen Ortskräfte vorgeschickt und sterben als Einzige. Gegen Ende wird ein enormer Aufwand betrieben, um die Verwundeten zu retten. Beide Begebenheiten deuten an, dass der Film US-zentristisch gedacht ist. Was mit anderen Menschen passiert, kommt in den Erinnerungen von Mendoza nicht vor.

So großartig die Action und die Spannung sind, so erschreckend ist doch die Einseitigkeit der Darstellung. Man könnte fast den Eindruck erhalten, dass Traumata nur bei den amerikanischen Soldaten entstanden sind. Damit ist der Film ein Lehrstück, dass Realismus nicht zulasten verschiedener Perspektiven gehen darf.
Der Film kam am 17. April 2025 in die deutschen Kinos und wird von © Leonine Studios vertrieben.