Filmreihe

„Nosferatu“ – Vampir mit Schnurrbart

Regisseur Robert Eggers ist zurück im Kino mit einem Remake: Mit namhaftem Cast inszeniert er einen düsteren „Nosferatu“. Doch was kann der alte Stoff in neuem Gewand?

Von Jonas Hey; Bild: © Focus Features LLC.

Der Film beginnt mit der jungen Ellen (Lily-Rose Melody-Depp), die von Visionen heimgesucht wird. In einem nächtlichen Garten begegnet sie mittels Telepathie einem Untoten. Erst nach diesem harschen Einstieg beginnt die Handlung des Films, in der wir ihren Ehemann Thomas treffen (Nicholas Hoult). Sein Vorgesetzter macht ihm ein unvergleichliches Angebot: Er soll als Immobilienmakler nach Transsilvanien reisen und einem alten Grafen eine Immobilie anbieten. Spätestens hier fallen auch dem letzten Zuschauer*innen Parallelen auf.

Alter Stoff

Der Stoff ist natürlich nicht neu. Denn bereits 1897 schrieb Bram Stoker seinen „Dracula“. Der aus rumänischen Volkslegenden geborene Vampir gewann in der Romantik und frühen Fantasy an Beliebtheit. Nosferatu ist angeblich rumänisch für Vampir und wurde mit der Verfilmung durch Wilhelm Murnau von 1922 bekannt. Vielfach verstand man den Film als Prophezeiung des Faschismus. Im Jahr 1979 folgte dann eine Verfilmung von Werner Herzog, der sich an das Original anlehnte. Nun, über 100 Jahre nach dem ersten Film, rollt Eggers das Thema auf und zeigt einen schattenhaften Nosferatu.

Eggers selbst war bisher ein Geheimtipp. Seine Nischenfilme „Die Hexe“ von 2015 und „Der Leuchtturm“ von 2019 gelten als Meisterwerke. Darauf folgte 2022 „The Northman“, der ein weiteres Publikum erreichte und ebenfalls für seine eindrückliche Stimmung gefeiert wurde. Viele sahen schon die Geburt eines neuen Tarantino oder Spielberg. Mit „Nosferatu“ und einem namhaften Cast hat Eggers einen höheren Produktionsaufwand erreicht. Doch kann er weiterhin seinen Arthouse-Standard halten?

Wer ist der Schnurrbartträger?

Das erste Drittel des Films ist Filmgenuss pur: Wir erleben einen verschreckten jungen Mann, der im kalten, verschneiten Transsilvanien ankommt und dort in einem dunklen Wald der Kutsche des Grafen begegnet. Man spürt förmlich, wie die Bäume näher rücken und den jungen Mann erdrücken. Zeitgleich fiebert man mit Ellen mit, die von Visionen des Grafen heimgesucht wird. Die Bedrohung fühlt sich echt an und die ersten Begegnungen mit Nosferatu sind es ebenfalls. Die Kamera zeigt die Schrecken im Gesicht von Nicholas Hoult. Problematisch wird es, sobald Nosferatu auftaucht.

Bill Skarsgård verkörpert den Vampir und ist unter der Maske nicht wiederzuerkennen. Doch was dort aus dem Dunkel hervorschaut, ist zuerst ein Schnurrbart. Man fragt sich, ob man versehentlich in einem Zirkus gelandet ist, in dem sich der Clown auf seine nächste Einlage vorbereitet. Dazu kommt noch ein falscher osteuropäischer Akzent, der Nosferatu zu einer Witzfigur macht. Wo der Horror doch eigentlich auf der Erwartung des Zuschauers beruht, verpufft der Effekt, wenn man wegen des Aussehens zu lachen anfängt.

Ein Ende ohne Schrecken

Der Mittelteil des Films ist vergessenswert. Es treten noch der Reeder Friedrich (Aaron Taylor Johnson), der okkulte Wissenschaftler von Franz (Willem Dafoe) und der Arzt Sievers (Ralph Ineson) auf. Doch ihre Rollen sind stereotyp und die Dialoge klingen theaterhaft und gestelzt. Nur das Schauspiel von Melody-Depp als besessene junge Frau sticht heraus. Für manchen mag es übertrieben und dick aufgetragen wirken, doch wenigstens gibt sie sich Mühe, ihre Rolle auszufüllen. Allgemein hat sie noch die ambivalenteste Rolle, da sie womöglich aktiv zu ihrer Verbindung mit Nosferatu beigetragen hat. Die anderen Figuren sind nur Stereotype.

Als Nosferatu nach Norddeutschland kommt, bringt er die Pest und Angst greift in der Stadt um sich. Hier könnte Spannung aufkommen, was allerdings vom sehr lahmen Ende konterkariert wird. Ähnlich einer Schnitzeljagd laufen die Figuren von einer Stelle zur anderen, um Nosferatu aufzuhalten. Spannung kommt dabei keine mehr auf. Auch die Horrorelemente sind verbrannt, da sie immer wieder nach demselben Schema ablaufen: Figur ist mit Lichtquelle im Dunkeln, Schwenk zur Seit, Schwenk zurück und Jumpscare.

Am Ende sitzt man verdattert im Kino. Man hat einen teilweise spannenden, aber auch teilweise langatmigen Film erlebt. Doch von Regisseur Eggers ist man mehr gewohnt. Vielleicht sollte er ob der Schwächen in der Handlung das Drehbuch jemand anderem überlassen. Auch ein Nosferatu ohne Schnurrbart, aber mit Charakter, wäre eine Verbesserung.

„Nosferatu“ kam am 2. Januar 2025 in die deutschen Kinos und wird von Universal Pictures Germany vertrieben.

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