Das Jahr 2024 neigt sich dem Ende zu: Neben Blockbustern wie „Kraven: The Hunter“ oder „The Fall Guy“ und langersehnten Sequels à la „Gladiator II“ oder „Alles steht Kopf 2“ bleibt manchmal wenig Zeit für die Filme der kleinen Leinwand. Die philtrat-Redaktion blickt daher auf die eher unbekannten Veröffentlichungen des Jahres zurück, auf ihre „Hidden Gems“:
„Im letzten Sommer“
Johannes F. Schiller
Catherine Breillats skandalöses neues Werk nach zehn Jahren Schaffenspause war hierzulande nur in ausgewählten Kinos zu sehen. Dabei sollte es einem keinesfalls entgehen, wenn man dem anspruchsvolleren französischen Kino zugeneigt ist: Sommerliches Ambiente trifft auf eine Affäre zwischen Mutter und Stiefsohn, die nicht sein darf. Ein unschuldiger Flirt oder doch ein komplexes Spiel mit der Macht, eingebettet in das Wissen um patriarchale Autorität? Breillat beweist sich als sadistische Manipulatorin der (Zuschauer-)Gefühle, die sich moralischer Wertungen bewusst entzieht. Ein kluger Film, dessen zersetzende Kraft sich in der Anordnung seiner Close-ups offenbart – zwei Münder, die die gesamte Leinwand ausfüllen und zu sprengen drohen…
„Mars Express“
Jonas Hey
Auf einem futuristischen Mars leben die Menschen mit Robotern zusammen. Dort müssen die Polizistin Aline und der Cyborg Carlos einen Mord aufklären. Zugleich gehen Gerüchte um, dass ein Computervirus alle Roboter kontrollieren könnte. Der Film besticht mit rasanter Action und langsamen Einstellungen, in denen man Teil der gezeigten Welt wird. Aline und Carlos müssen den Mordfall lösen, aber durch den Virus ist auch die Menschheit bedroht. So scheint es zumindest, aber die Roboter entwickeln ein Bewusstsein und vielleicht wollen sie gar nicht mehr den Menschen dienen?
Der Film ist derzeit auf Amazon Prime verfügbar (Stand: 27.12.2024).
„La Chimera“
Lessika Landao
„La Chimera“ ist eine märchenhafte Tragikomödie der italienischen Filmemacherin Alice Rohrwacher, in welcher das Spannungsfeld zwischen Gegenwart und Vergangenheit im Zentrum steht. Josh O’Connor glänzt in der Rolle des britischen Archäologen Arthurs, der in seinem cremeweiß-farbigen Anzug melancholisch mit einer Zigarette im Mund durch die Toskana der 1980er Jahre schlendert. Arthur ist nämlich frisch aus dem Gefängnis entlassen worden, als er wieder in kriminelle Machenschaften verwickelt wird. Eine ihm altbekannte Bande von Grabräubern benötigt erneut seine Unterstützung, denn mithilfe einer Wünschelrute (und etwas magischem Können), kann Arthur wertvolle begrabene Artefakte aufspüren. Arthur ist jedoch insgeheim auf der Suche nach einem Schatz, der ihm trotz seiner Begabung verborgen bleibt: die Liebe seines Lebens, Beniamina. „La Chimera“ ist ein Film über die Unmöglichkeit des Vergessens.
„A Different Man“
Leonie Stoll
Der Schauspieler Edward fühlt sich aufgrund seiner Neurofibromatose, einer Gesichtsdeformation, ausgegrenzt und isoliert. Eine neuartige Behandlungsmethode beschert ihm jedoch ein neues Gesicht und Edward entscheidet sich, ein neues Leben anzufangen. Er gibt sich als „Guy Moratz“ aus und behauptet, dass Edward gestorben sei. Schnell bekommt er eine Rolle in einem Theaterstück – doch dann wirft sich der selbstbewusste und lebensbejahende Oswald, ebenfalls betroffen von Neurofibromatose, in sein Leben. „A Different Man“ ist eine schonungslose Gesellschaftskritik am Schönheitswahn der breiten Masse in Form eines Psychothrillers mit vielen Wendungen und Moral.
Der Film ist derzeit auf Apple TV verfügbar (Stand: 27.12.2024).
„All Of Us Strangers“
Christopher Bertusch
In grauen Apartmentkomplexen leben Millionen von Menschen täglich aneinander vorbei, unter ihnen auch Adam – bis eine zufällige Begegnung mit seinem Nachbarn Harry die Monotonie seines Alltags aufbricht. Wenn Paul Mescal die Leinwand betritt, weiß man oft: Hier werden die Tränendrüsen aktiv, so auch in „All Of Us Strangers“. Kopf an Kopf mit Andrew Scott spielen die beiden Darsteller sich in wunderbare Höhen: Dabei erzählt der Film von der Suche nach der Liebe und Erinnerung.
Der Film ist derzeit auf Disney+ verfügbar (Stand: 27.12.2024).
Bild von Sabine Lange auf Pixabay.