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Gedenken an Hiroshima und Nagasaki: LMU Japan-Zentrum an Ausstellung beteiligt

Vor 80 Jahren warfen US-Streitkräfte die Atombomben Little Boy und Fat Man über Japan ab. Eine Sonderausstellung präsentiert nun den Ablauf und die zerstörerischen Folgen der Bombenabwürfe – und sendet eine klare Botschaft.

von Carla Foistner

Anlässlich des 80-jährigen Jubiläums der Atombombenabwürfe kann im Museum Fünf Kontinente noch bis zum 11. Januar 2026 die Ausstellung „Vom Inferno zum Friedenssymbol: 80 Jahre Hiroshima und Nagasaki“ besucht werden. Die vom Friedensmuseum Hiroshima und Atombombenmuseum Nagasaki konzipierte Wanderausstellung veranschaulicht mittels Fotografien, Infografiken und Kunstwerken die fatalen Auswirkungen der Explosionen. Das Japan-Zentrum der Ludwig-Maximilians-Universität erweiterte die Ausstellung und organisiert ein Begleitprogramm mit Expert*innenvorträgen.

Das Museum Fünf Kontinente in München © Museum Fünf Kontinente / Nicolai Kästner

Angestoßen wurde das Projekt bereits 2019 durch Angehörige des Japan-Zentrums. Dr. Yumiko Murata kontaktierte die Museen in Hiroshima und Nagasaki, um die Wanderausstellung nach München zu holen. Nach längerer Suche und coronabedingten Verzögerungen bot sich dort schließlich das Museum Fünf Kontinente in der Maximilianstraße als Räumlichkeit an. Neben Übersetzungen der Ausstellungstexte ins Deutsche trugen die Wissenschaftler*innen auch inhaltliche Erweiterungen bei.

Die Stimmen der Betroffenen

Laut LMU-Japanologin Dr. Anna Wiemann war es bei den Erweiterungen ein wichtiges Ziel, den Fokus auf die persönlichen Schicksale der Betroffenen zu lenken. So fügte das Team Fotos von der zu Tode gekommenen Familie Suzuki und deren Friseursalon hinzu. Sie vermitteln einen Eindruck des Alltagslebens im Hiroshima der späten 1930er Jahre, welchem durch die Atombombe ein Ende gesetzt wurde. 

Auch die tragische Geschichte des Mädchens Sadako ergänzte das Team. Bevor diese im Alter von 12 Jahren an den Folgen der Strahlenbelastung starb, faltete sie im Krankenhaus über 1.000 Origami-Kraniche. Ihr Wunsch, auf diese Weise dem Tod zu entgehen, erfüllte sich nicht. Im Gedenken an Sadako können Besucher selbst Kraniche falten, um ein Zeichen für Frieden zu setzen.

Dr. André Hertrich, ehemals assoziiert mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, ist ebenfalls an dem Ausstellungsprojekt beteiligt. Laut dem Experten für Geschichts- und Gedenkmuseen in Japan sind internationale Trends der musealen Darstellung von historischer Gewalt auch in den dortigen Atombombenmuseen sichtbar. So werde im Friedensmuseum Hiroshima seit einer Neukonzeption 2019 verstärkt von der expliziten Darstellung von Verletzungen oder Ansammlungen toter Körper abgesehen. 

Stattdessen würden die individuellen Lebensgeschichten der Verstorbenen in den Vordergrund gerückt – etwa durch Gegenstände, die sie schätzten oder zum Todeszeitpunkt bei sich trugen. Das sei auch bei der Erweiterung der Wanderausstellung in München eine Priorität gewesen: „Wir zeigen nicht nur die Zerstörung, sondern es geht auch darum, die Menschen, die getötet wurden, und das Leben, das zerstört wurde und dann eben nicht mehr weitergeht, mit einzubeziehen“, sagt der Wissenschaftler. 

„Von Inferno zum Friedenssymbol“

Wiemann betont, dass das Versterben der Überlebenden, die als Hibakusha bezeichnet werden, zu neuen Herausforderungen für die Erinnerungsarbeit führt. Die kollektive Erinnerung befindet sich laut der Japanologin in einem Prozess des Wandels, indem sie von den Zeitzeug*innen selbst auf Speichermedien übergeht. Solche Speichermedien können neben Büchern auch Kunstwerke sein. So werden in der Wanderausstellung Gemälde gezeigt, die Oberschüler*innen im Dialog mit Hibakusha anfertigen. Sie zeigen Tod, Verzweiflung, Feuermeere – und machen die Traumata der Überlebenden eindrucksvoll sichtbar.

In den beiden betroffenen Städten spielt die Erinnerung an die Atombomben weiterhin eine große Rolle für die Zivilgesellschaft. 1982 rief der damalige Bürgermeister Nagasakis das „Mayors for Peace“-Programm ins Leben; mittlerweile gehören ihm über 8.000 Städte und Gemeinden weltweit an, darunter auch München. Es verbindet die Erinnerung an die Bombenabwürfe mit dem Einsatz für eine atomwaffenfreie Welt. Auch die Wanderausstellung findet dafür klare Worte – auf einer Texttafel nahe dem Eingang steht: „Wir werden nicht nachlassen, bis unsere Welt friedlich und ohne Atomwaffen ist. Niemand soll je wieder solch grausame Erfahrungen wie die jener Tage machen müssen.“ 

Japan und der Krieg

Hertrich merkt an, dass das Gedenken an die Bombenabwürfe in Japan oft losgelöst von der Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg stattfindet, was sich auch in deren Darstellung in Museen widerspiegelt. Im Friedensmuseum Hiroshima sei dieser historische Kontext wenig präsent. „Ich habe erlebt, dass Leute rausgehen, vor allem ausländische und amerikanische Besucher, und sagen: ‚Ja schön, aber irgendwie fehlt der Krieg‘“, erzählt der Wissenschaftler. Im Atombombenmuseum Nagasaki werde hingegen stärker auf Japans „Weg in den Faschismus“ und auf Kriegsverbrechen japanischer Truppen eingegangen. 

Der Krieg in Asien brach 1937 durch expansionistische Bestrebungen des japanischen Kaiserreiches aus, dessen Streitkräfte in China einmarschierten. 1941 folgte der Angriff auf Pearl Harbor im Rahmen von Japans Pazifik-Strategie, woraufhin die USA dem Land den Krieg erklärten. Um Japan zur Kapitulation zu drängen, warfen US-Bomber im August 1945 die Nuklearwaffen ab; Schätzungen zufolge töteten sie dabei bis zu 199.000 Menschen. Wenige Tage nach den Bombardements verkündete der japanische Kaiser die bedingungslose Kapitulation des Landes. 

Die Wanderausstellung in München verzichtet weitgehend auf eine Auseinandersetzung mit diesen historischen Fragen. Stattdessen versteht sie sich als Ort des Gedenkens und der Aufklärung über die Gefahren von Atombomben. Ihre Inhalte gehen unter die Haut – und betonen den Wert des Friedens als Lehre für die Gegenwart. Die eindringliche Mahnung dabei: Atomwaffen zerstören die Leben unzähliger Menschen abrupt und hinterlassen selbst bei den Überlebenden Wunden, die sie oft für immer begleiten.

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