Eine Kolumne über die Achterbahnfahrt der Kulturen, Erfahrungen und Lernprozesse meiner letzten 5 Lebensjahre. Komm mit zu den unterschiedlichen Stationen meiner beruflichen und persönlichen Reise durch die ganze Welt – neben meinem Online-Studium.
Text und Bild: © Leonie Stoll
Aktenordner, Sprachbarrieren und Blaulichtstrahlung an der Rezeption der spanischen Sonnenküste
Die costa del sol hält das, was ihr Name verspricht – 365 Tage im Jahr gibt es hier Gute-Laune-Wetter. Obwohl ich nicht zur Sommerzeit ankam, konnte mein Vitamin D-Haushalt nicht meckern. Keramik shoppen auf lokalen Handwerkermärkten, Zumba-Tanzkurse sowie Unmengen an tapas bereicherten meine Freizeit unter der milden Herbstsonne. Voller Energie widmete ich mich meiner neuen Aufgabe an der Rezeption: Leute willkommen heißen, Zimmerschlüssel codieren und die Gäste über die Umgebung, Programme und Abläufe aufklären.
Eigentlich merkte ich dabei, dass die etwas ,,erwachsenere“ Arbeit mit Verantwortung und Professionalität mir sehr guttat. Mich störte jedoch ein bisschen die im Job stets geforderte, aufgesetzte Freundlichkeit…
,,Hola, como puedo ayudarte?“ – Dauerstrahlen als Hauptjob
Gastgeber sein lag mir bis dato schon lange nicht mehr fern, Anlaufstelle für jegliche Problemchen und Wehwehchen zu sein, war mir trotzdem neu. Es war kein Problem, Zimmerwechsel zu organisieren, sondern meine eigenen Emotionen zurückzustecken – egal, ob Gast X mir jetzt sympathisch ist oder nicht und egal, ob ich den WLAN-Ausfall gestern Nacht eigentlich gar nicht so schlimm fand. Jegliche Gastaussage musste akzeptiert und mit einem Strahlen umgesetzt werden. Meistens machte das Spaß, der Urlaub sollte ja für die Gäste die schönste Zeit im Jahr sein, aber eben auch nicht immer…
Gewitterwolken im Paradies – Gästebeschwerden
Der Gast ist König – so das Credo jeder einzelner meiner Stationen in der Hotellerie. Bei Kindern und freundlichen, zufrieden Familien auch kein Problem. Nur leider reagierte ich auch etwas allergisch auf die unpersönliche ,,Massenabfertigung”, wie sie bei zahlreichen An- und Abreisen knapp hintereinander oft vorkommt. Wenn an einem stressigen Tag keine Zeit blieb, mit den Gäste individuelle, längere Kommunikation zu führen, fühlte ich mich unwohl.
Ganz abgesehen davon strengte mich, als so gar nicht perfektionistischen, sehr bewegungsabhängigen Menschen, die kleinkarierte, zahlenlastige Arbeit mit dem Computer sehr an. So fielen meine Laune und auch meine Aufmerksamkeit gegenüber den Gästen etwas ab – und ja, ein Herr, dem ich verweigerte, nachts um zwei Uhr noch ein weiches statt eines harten Kissens auf sein Zimmer zu liefern, befand es tatsächlich für nötig, sich auf Google über mich zu beschweren: ,,Die kleine Blonde an der Rezeption zeigte kein Verständnis…“
Tausche Computer gegen Cardio – Perspektivwechsel aus Bewegungsdrang
Aber Übung macht den Meister – auch meine Anfängerfehler in diesem Job bügelte ich aus. Nach einigen routinierten, ruhigen Arbeitsstunden vor dem Computer stehend, meldeten sich jedoch meine Hummeln im Hintern. Ich merkte, wie wichtig es für mich war, in meinen Berufsalltag Bewegung und Aktivität zu integrieren. Also zog ich, ohne tiefere Probleme oder Belastungen, aber auch nicht besonders viel Spaß mit diesem Jobprofil gehabt zu haben, schnell wieder die Reißlinie und wechselte in den Bereich der Group Fitness.
Dazu reiste ich in einen neuen Kontinent – meine nächste Station, diesmal eben zum Anleiten von Sportkursen, sollte am Roten Meer in Ägypten liegen.