Nach der „Ringe der Macht“-Serie folgt nun die nächste Adaption des „Herr der Ringe“-Franchise. Aber ob Animation auch für eine bewegte Geschichte sorgt?
Von Jonas Hey; Bild: © Warner Bros
Zu Beginn ist der Bildschirm schwarz, doch man hört schon die Titelmusik des „Herr der Ringe“. Es breitet sich ein wohliges Gefühl im Bauch aus. Dazu erklärt eine weibliche Stimme, dass es noch unerzählte Geschichten aus Mittelerde gibt. Nämlich die von Héra: Ein Wildfang und die Königstochter von Rohan. Zusammen mit ihr reiten wir durch die wunderschöne Landschaft und sehen die großen Adler vorbeifliegen. Spätestens hier schwappt die erste Nostalgiewelle durch den Kinosaal, auf welcher der Film die restliche Zeit dahin schwimmen wird.
Der Film stammt vom japanischen Regisseur Kenji Kamiyama, der als junger Künstler bereits an „Akira“ und einigen Studio-Ghibli-Filmen mitgearbeitet hatte. Anfang der 2000er Jahre produzierte er Serien für das „Ghost in the Shell“-Franchise und zuletzt eine animierte Serie zu „Blade Runner“. Somit kennt er sich bestens mit animierten Projekten aus und hat Erfahrung mit großen Franchises. Außerdem ist Peter Jackson, der Schöpfer der ursprünglichen Trilogie, als Produzent mit an Bord.
Aus alt mach neu?!
Im Film geht es zunächst um Helm Hammerhand, den legendären König von Rohan, der einen Rivalen im Kampf erschlägt. Dessen Sohn Wulf schwört Rache und greift Jahre später mit Unterstützung der Bergstämme und einiger Olifanten, riesiger Elefanten, Rohan an. Daraufhin fliehen Helm, seine Söhne und Héra in die spätere Festung namens Helms Klamm. In einem mörderischen Winter werden sie von Wulf und seiner Armee belagert. Diese Handlung ist nun wirklich nicht neu und erinnert stark an „Die zwei Türme“ und die dortige Belagerung. Allgemein erzählt der Film eine neue Geschichte, die aber durch und durch mit Bekanntem – einige würden sagen Fan-Service – gespickt ist.
Die Ähnlichkeiten sind doch frappierend: Ein großer, mystisch überhöhter König verliert seinen Sohn, wird verraten und am Ende kann ihn nur noch seine Tochter retten. Leider krankt die Handlung an sehr schwachen Dialogen. Es wird viel über Hoffnung, Versagen und Entscheidungen gesprochen. Das kennt man sonst nur aus Soaps oder Netflix-Filmen. Das ist eigentlich schade, da Héra eine sympathische Hauptfigur ist, deren Entwicklung spannend ist – sie wird von der schüchternen Königstochter zur selbstbewussten Heldin.
Unentwegt unbewegt
Ein weiteres Problem ist der Animationsstil. Meistens sieht man wunderschön gemalte Hintergründe, etwa von den Bergen Rohans oder dichtem Wald. Dieser Hintergrund ist allerdings statisch und unbeweglich. Erst davor befinden sich die beweglichen Figuren, die wie vor einer Kulisse agieren. Dies schöpft leider die Möglichkeiten der Animation nicht aus, in der theoretisch alles möglich ist. Es gibt keine Bindung an Schwerkraft, Wetter oder aufgebaute Sets. Eine Grenze stellt nur das Geld dar und das war hier wohl nicht unbegrenzt verfügbar.
An einigen Stellen sind die Animationen phänomenal: So schwenkt die Kamera 360 Grad um zwei Kämpfer, was einen großen Animationsaufwand bedeutet. Außerdem verändert sich anders als sonst der Hintergrund ständig. Die Figuren selbst aber sind oft starr und bewegen nur Augen und Münder. Das wirkt auf Dauer billig. Man vermisst die großartig gezeichneten Studio-Ghibli-Filme, in denen sich immer etwas bewegt: Mal das Gras am Bildrand oder der Umhang der Hauptfigur. Das ist natürlich wahnsinnig aufwändig und kostet viel Geld. Anscheinend musste Warner Bros diesen Film produzieren, um nicht die Filmrechte am „Herr der Ringe“-Franchise zu verlieren.
Die Figuren und Kamiyama als erfahrener Animator hätte die Grundlage eines besonderen, anderen Films aus Mittelerde sein können. Stattdessen gibt es platte Dialoge und billige Animationen. Der Film konnte oder durfte sein großes Potenzial nicht entwickeln. Gerade nach der ursprünglichen Trilogie ist man dementsprechend doch Besseres gewohnt.
Der Film kam am 13. Dezember 2024 in die Kinos und wird von Warner Bros vertrieben.