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Die Rezeptfreiheit der „Pille danach“

Pro und Contra der Rezeptfreiheit

Welches Präparat besser geeignet ist und ob die Behandlung sinnvoll ist stellt nun nicht mehr der Arzt, sondern der Apotheker in einem Beratungsgespräch fest. An Hand eines Fragebogens wird die Beratung dokumentiert. Dazu gehören auch persönliche Fragen zum Zeitpunkt der Verhütungspanne oder zu Vorerkrankungen. Bestehen Bedenken, kann die Abgabe verweigert und die Patientin an einen Arzt verwiesen werden.

Doch genau hier liegt versteckt, was noch immer heiß diskutiert wird. Es mangelt an genauen Regelungen zur Abgabe. Für Frauen unter 20 Jahren übernimmt die Kasse die Kosten zwar nur gegen Vorlage eines ärztlichen Rezeptes und die Bundesapothekerkammer empfiehlt die Abgabe an Mädchen unter 14 nur mit Einverständniserklärung der Eltern. Es handelt sich aber eben nur um Empfehlungen. Ebenso die Aufforderung, die Präparate nur an die direkt Betroffene, nicht an „Boten“ oder auf Vorrat abzugeben. Kontrollieren ließe sich dies jedoch in der Realität nur schwer, bemängeln Frauenärzte. Ärzte befürchten erhöhte Abtreibungsraten durch Anwendungsfehler, einen lascheren Umgang mit konventionellen Verhütungsmethoden und teilweise gar das Unbemerktbleiben von sexuellen Straftaten. Verbände wie „pro familia“ halten diese Ängste für überzogen und stehen hinter der Rezeptfreiheit und Beratung in den Apotheken. Für sie bedeutet der Wegfall der Verschreibungspflicht eine große Hilfe in der sexuellen Selbstbestimmung für Frauen.

Stimmen aus München

Und was sagen die Apotheken in München und Umgebung zur neuen Regelung?
Die Bahnhofsapotheke in Pasing verzeichnet vor allem bei Teenagern einen starken Nachfrageanstieg. Die Apothekerin vermutet, dass viele junge Mädchen nun unvorsichtiger werden und auf reguläre Verhütungsmethoden verzichten. Dabei sei es auch wichtig, sich vor Krankheiten und nicht nur vor einer ungewollten Schwangerschaft zu schützen. Auch die Bienenapotheke in Großhadern spricht von einer sehr viel höhere Nachfrage. Ist das Alter der Kundinnen dort gemischt, fallen vor allem „Wiederholungstäter“ auf. Von der mehrmaligen Einnahme, insbesondere innerhalb eines Zyklus, wird aber abgeraten. Die PTA erklärt, dass auch die Gefahr von Thrombosen – wie auch bei der normalen Pille – gerade bei Raucherinnen nicht vergessen werden darf. Laut der Bundesapothekerkammer liegen aber keine expliziten Daten für einen Zusammenhang einer „sporadischen Einnahme“ von Notfallkontrazeptiva und ein erhöhtes Thromboserisiko vor.

Statistik zur Nutzung der "Pille danach" der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Stand 2013)
Statistik zur Nutzung der „Pille danach“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Stand 2013)

Einen anderen Blickwinkel zeigt mein Besuch bei der St. Jakob Apotheke (ebenfalls Pasing). Dort wird nur von einem leichten Nachfrageanstieg gesprochen und der Eindruck, dass der Arzneimittelmissbrauch zunimmt, kann dort nicht bestätigt werden. Der Apotheker bemängelt jedoch die schlechte Informationslage während der Umstellungszeit. Die Apotheken hätten lange Zeit keine genauen Informationen von offizieller Stelle bekommen, ab wann genau die rezeptfreie Abgabe der Präparate legal sei und wann die neuen Packungen mit der Aufschrift „apothekenpflichtig“ erhältlich sind. Außerdem hätte man nicht damit gerechnet, dass so viele Leute von der Umstellung der Rezeptpflichtigkeit wissen, zumal die großen Zeitungen erst später berichteten.

In einem Punkt sind sich aber alle Apothekenmitarbeiter einig. Sie empfehlen den Besuch beim Arzt und würden es begrüßen, wenn die Patientinnen zumindest während der normalen Sprechzeiten die Möglichkeit einer Untersuchung und einer intensiveren, ärztlichen Beratung wahrnehmen würden.

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